"Hier kann sich jeder nach seinen Wünschen entwickeln"

Dr. Heinrich Brock ist leitender Oberarzt der Radiologie – und für ihn ist es inspirierend, wenn Assistenzärzte irgendwann besser werden als er selbst. Im Interview spricht er über Führung, Förderung und die besondere Atmosphäre im Marien-Hospital. 

Seit wann sind Sie im Marien-Hospital Euskirchen und wie kamen Sie hier hin?

Ich habe mein Praktisches Jahr und meine AiP-Zeit hier absolviert, danach wechselte ich in die Radiologie der Uni Aachen, machte dort meinen Facharzt und blieb eine Weile als Funktionsoberarzt. Nach einer Zeit als leitender Abteilungsarzt in Bochum kam ich 2007 zurück ans Marien-Hospital Euskirchen.

Sie haben verschiedene Krankenhäuser als Arbeitgeber kennengelernt. Was unterscheidet das Marien-Hospital von anderen?

Hier wird von Anfang an eine Vertrauensbasis geschaffen. Man wird aufgenommen, fühlt sich familiär eingebunden, die Beziehungen sind sehr viel persönlicher und zuweilen herzlicher als in anderen Häusern. Es gibt keine „Hire and Fire“-Mentalität, wie ich es an anderen Häusern beobachtet habe. Gleichsam fühle ich mich den Menschen der Region sehr verbunden, sei es als Patient oder als Mitarbeiter im MHE.

Was macht die Arbeit so spannend?

Es ist immer genug zu tun und man ist Teil einer stetigen Entwicklung. Sei es in der eigenen Abteilung oder in einer anderen Abteilung mit der man zusammenarbeitet. Niemand muss hier sein berufliches Leben auf dem Abstellgleis fristen – die Abteilungen und die Mitarbeiter entwickeln sich weiter und laden ein, an der Entwicklung aktiv teilzunehmen. Insbesondere für die Radiologie kann ich das sagen: Hier haben wir in den letzten Jahren mit viel Engagement so viel aufgebaut und weiterentwickelt, so dass wir nahezu das gesamte Spektrum moderner Bildgebung und innovativer radiologischer Interventionen in der Weiterbildung anbieten können.

Oft erwähnen Kollegen hier die familiäre Atmosphäre: Erleben Sie diese auch so?

Ja, das kann man ganz wunderbar beobachten: Die Nähe zu den Assistenzärzten zum Beispiel besteht über alle Abteilungen hinweg. Man sieht, wie sie hier wachsen. Jeder kann sich nach seiner Façon und nach seinen Wünschen entwickeln und wird entsprechend gefördert.  

Und was ist für Sie bei der Führung besonders wichtig?

In der radiologischen Abteilung ist mir der respektvolle Umgang besonders wichtig. Wenn ich Dinge sehe, die mich stören, dann versuche ich sie zu thematisieren, ohne dass der Mitarbeiter das Gefühl eines grundlegenden Versagens hat – was unter Medizinern schon einmal in der Sorge um den anvertrauten Patienten vorkommen kann und ich in anderen Häusern durchaus beobachten konnte. Auch wenn es schwierig ist, sollte so ein Gespräch auf jeden Fall dazu inspirieren, besser zu werden und Lust machen, von den Erfahrungen der „alten Hasen“ zu profitieren. Denn es sollte jeder die Chance haben, sich weiter zu entwickeln und zu einem Mediziner „mit Format“ zu reifen und vielleicht auch seine Nische zu finden. 

Was bedeutet das?

Gerade in der Radiologie gibt es eine Vielzahl von Untersuchungsmethoden und interventionellen Verfahren: Jeder Weiterbildungsassistent kann sich in unserer Abteilung ein radiologisches Gesamtbild erarbeiten und seine besondere Rolle darin finden. Die erfahrenen Radiologen unterstützen natürlich nach besten Kräften. Am schönsten ist es dann für mich, wenn ich feststellen darf, dass „der Schüler besser geworden ist als der Lehrer“. Dann weiß ich, dass er im wunderbaren Fach Radiologie angekommen ist. Es gibt hier viele Assistenzärzte, die einen irgendwann überflügeln – das zu beobachten, finde ich inspirierend und spornt mich natürlich selber an.

Wie sind die Arbeitszeiten in Ihrer Abteilung? Viele Einsteiger könnten befürchten, das Arbeitspensum in einem Krankenhaus sei wahnsinnig hoch…

Früher war das so, keine Frage. Mein Rekord in einer anderen Klinik lag bei 95 Stunden pro Woche. Aber jetzt haben wir eine Zeiterfassung und einen sehr guten Personalschlüssel. Es ist hier bei uns definitiv möglich pünktlich das Haus zu verlassen, ohne das Gefühl haben zu müssen, Arbeit für den nächsten Tag liegengelassen zu haben. Über die Jahre haben wir mit großem Einsatz die Workflows durch Technisierung und Digitalisierung grundlegend verbessert und intelligente Arbeitsabläufe geschaffen – deshalb können wir es uns leisten, keine Überstunden machen zu müssen.

Klingt gut! Welche Eigenschaften sollte jemand mitbringen, der sich für einen Job in Ihrer Abteilung interessiert?

Um hier glücklich und erfolgreich zu werden, ist Teamfähigkeit wichtig. Die Zuweisung der Arbeit erfolgt zum Teil intuitiv. Das heißt, dem Weiterbildungsassistenten wird natürlich entsprechend seines individuellen Ausbildungsstandes eine Modalität anvertraut, darüber hinaus sind die Untersuchungen, die durchgeführt und befundet werden müssen, für alle Mitarbeiter in der Befundungsliste sichtbar. Und hier soll und kann jeder seine Beteiligung individuell „dosieren“ und z.B. Untersuchungen, die ihn besonders interessieren und am Herzen liegen, über die Routine hinaus auswählen und ein Stück weit, seiner Intuition folgend, seine Fähigkeiten weiter ausbauen.

Können Sie sagen, was die wichtigsten Dinge sind, die einen guten Arzt in der Radiologie ausmachen?

Als erstes würde ich Teamfähigkeit und Einsatzbereitschaft nennen. Außerdem Flexibilität – und wenn man bereit ist, diese zu geben, dann bekommt man sie auch selbstverständlich wieder zurück. Die Arbeitszeiten sind hier natürlich klar definiert, aber innerhalb dieses Rahmens kann man viel Zuwendung im Sinne einer flexiblen Gestaltung erfahren. So kann man z.B. auch die Kinder zur Schule oder in den Kindergarten bringen, da blockiert niemand in der Abteilung oder seitens der Leitung. Etwas, dass in anderen Häusern durchaus nicht unproblematisch ist.

Und was noch?

Ich finde es immer wichtig, dass man weiß, mit welchen Menschen man es zu tun hat. Wir sind hier in der Voreifel, zwischen zwei großen Städten, man sollte es als Chance begreifen, hier mit einem besonderen Schlag von Menschen arbeiten zu dürfen. Die direkte Ehrlichkeit ist hier beachtlich, der Zugang zu den Patienten ist deutlich unkomplizierter als in Großstädten. Die Menschen verstehen das Marien-Hospital Euskirchen als eine Insel der Zuwendung. Die Bindung zwischen Arzt und Patient ist wesentlich inniger und herzlicher – und dafür ist es manchmal ganz hilfreich, wenn man ein bisschen platt sprechen kann. Das kann man hier nämlich auch lernen, wenn man will.